Letzte Aktualisierung der Seite: 26.04.24

Die Untere Rathaushalle gehört den Bremer Bürger:innen

In der Unteren Rathaushalle soll ein Informations- und Besuchszentrum (IBZ) entstehen. Wir setzen uns dafür ein, dass „Bremens älteste Mehrzweckhalle“ 1 mit ihrer derzeitigen, historisch überlieferten Nutzung erhalten bleibt. Wir sind der Meinung, dass Kompromisskonzepte möglich und Alternativorte für ein IBZ zu prüfen sind. Wir fordern Lösungen, bevor Entscheidungen getroffen und bauliche Maßnahmen umgesetzt werden.

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Die Untere Rathaushalle gehört uns allen!
Seit Jahrhunderten steht die Untere Rathaushalle als vielseitig nutzbare Halle und als Ort der Begegnung zur Verfügung. Für Kulturschaffende, Markttreibende, Bremer Bürger:innen und -Einrichtungen eine repräsentativ einzigartige und wichtige Möglichkeit, ihre Themen, Ausstellungen, Waren und (Kultur-)Angebote zentral zu präsentieren.

Dies soll nun ein Ende haben!
Die Bremer Senatskanzlei beabsichtigt die dauerhafte und feste Installation eines IBZs in der Unteren Rathaushalle, um das UNESCO Weltkulturerbe „Bremer Rathaus und Roland“ zu präsentieren.

Die Umwidmung der Halle wäre ein schwerer Schlag für die kulturelle und soziale Vielfalt, für den gesellschaftlichen Diskurs, für Markttreibende, für die Autonomie Bremer Bürgerinnen und Bürger!
Die ‚älteste Mehrzweckhalle Bremens‘ stünde nicht mehr zu Verfügung: als traditioneller Ausstellungs- und Begegnungsort, vielfältiger Marktplatz und kultureller Hotspot! Davon betroffen: Verbände, Vereinigungen aus Kunst, Handwerk und Kultur, Politik, Wirtschaft, Gesundheit und Bildung, soziale Einrichtungen und Initiativen, zivilgesellschaftliche Gruppen, wissenschaftliche Institutionen Hochschulen, Archive, uvm.

Ein Schildbürgerstreich
Rathaus & Roland als Repräsentanten und steinerne Zeugen bürgerlicher Autonomie und Marktrechte. Unter anderem für diese Leitidee kürte die UNESCO das Bremer Ensemble zum Weltkulturerbe. Diese immateriellen Aspekte sind herausragend, stilprägend und geben seit über 600 Jahren eine Direktive vor: für die Funktion und Nutzung des gesamten Rathauses – einschließlich der Unteren Rathaushalle! Diese Halle ist seit jeher eine vielgestaltige, lebendige Halle für verschiedenste Anlässe, Märkte und Themen und kann bis heute in ihrer Ursprungskonzeption von Aussteller:innen genutzt und von Besucher:innen erlebt werden. Eine Umwidmung der Unteren Rathaushalle in eine museale, monothematische und eher touristisch orientierte Ausstellung, führt die Leitidee unseres Weltkulturerbes ad absurdum!

Alternativen, Kompromisse, Lösungen fehlen
Wir Bremerinnen und Bremer sind stolz auf unseren Roland und das Rathaus. Wir wollen das Vermächtnis mit allen teilen und unterstützen das Ansinnen von UNESCO und Politik, umfassend über das Weltkulturerbe zu informieren. Allerdings existiert keine Auflage, ein IBZ zu errichten. Ein IBZ stellt eine von vielen Möglichkeiten dar, ein Weltkulturerbe zu erleben und darüber zu informieren. Eine zwingende Notwendigkeit für ein IBZ innerhalb des Weltkulturerbes ist nicht gegeben. Auch andere Welterbestätten beschränken sich auf herkömmliche Mittel der Öffentlichkeitsarbeit oder nutzen separate Gebäude um die Öffentlichkeit zu informieren (Speyer Dom, Kloster Lorsch, Michaelisdom, Marktgräfliches Opernhaus, Naumburger Dom, …). Wir schlagen vor, ebenso Alternativorte für ein IBZ zu prüfen (z. B. Literatur und Stadtmusikantenhaus). Diese Prüfung fand bisher nicht statt. Kompromisslösungen werden bisher abgelehnt. Bisher liegen keine Lösungen, keine Alternativen vor, sollte die Halle für Aussteller:innen und Markttreibenden nicht mehr zur Verfügung stehen!

Von der Senatskanzlei wurde eine Machbarkeitsstudie zur Einrichtung eines Informations- und Besuchszentrums beauftragt. Diese steht der Öffentlichkeit bisher nicht zur Verfügung. Wir fordern den öffentlichen Zugang zu den Fragestellungen und Ergebnissen dieser Studie.

Sowohl das Briefing zur Beauftragung, die festgelegten Kriterien, als auch die Ergebnisse stellen eine wesentliche Grundlage dar, um den Sachverhalt bzw. Planungsstand und insbesondere die künftige Verortung des IBZs angemessen bewerten zu können. Darüber hinaus entspricht ein strukturiertes, öffentliches Vorgehen auch den Empfehlungen der UNESCO-Kommission, siehe Handreichung (S. 18-22):

  • „Allen Entscheidungen hinsichtlich eines Informationszentrums sollte neben der Tourismusplanung ein umfassendes Vermittlungskonzept für die jeweilige Welterbestätte zugrunde liegen, welches neben dem Informationszentrum auch alle weiteren Vermittlungsorte und -formate sowie alle beteiligten Akteure einschließt.“ (S. 18)
  • Je nach den Funktionen, die das jeweilige Informationszentrum erfüllen soll – nur Angebot von Informationsmaterial, eigene Ausstellung(en), Veranstaltungsmöglichkeiten – variieren auch die Ansprüche hinsichtlich der notwendigen Fläche. Deshalb ist mit Blick auf die Wahl der Standorte auch eine frühzeitige Definition der Funktionen für das jeweilige Zentrum unerlässlich.“ (S. 22)
  • Qualitativ gut ausgeführte Machbarkeitsstudien erlauben belastbare Kostenkalkulationen, die für den Planungsprozess und insbesondere die Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern und Finanzpartnern genutzt werden können. Darüber hinaus bieten sie einen ersten Ansatzpunkt für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Für Machbarkeitsstudien können Fördergelder beantragt werden, bspw. im Rahmen von EU-Förderprogrammen oder lokalen Programmen wie die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung regionalen Wirtschaftsstruktur“ (S. 20).

Mit der Unteren Rathaushalle fand bereits eine Vorfestlegung für die künftige Verortung eines IBZs statt. Obwohl erhebliche Nachteile (s. u. Positionen & Argumente) für Interessen- und Aussteller:innengruppen, Werkstätten, Kleingewerbetreibende und Kunsthandwerker:innen entstehen werden, ist nicht bekannt, dass eine Prüfung möglicher Alternativorte für die Errichtung des IBZs bereits stattgefunden hätte. Auf der anderen Seite steht auch kein Alternativort für die o.g. Betroffenen zur Verfügung, der eine adäquate und einvernehmliche Lösung anböte. Wir fordern eine ergebnisoffene Prüfung von Alternativorten, entlang objektiver, belastbarer Anforderungskriterien und unter Berücksichtigung aller Nachteile, die bei allen betroffenen Gruppen zu erwarten sind.

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Eine Prüfung von Alternativorten für das geplante Informations- und Besuchszentrum (z. B. Bremer Landesbank/Kassenhalle, Neues Rathaus EG, etc. …) fand nach bisherigem Kenntnisstand nicht statt. In einem buten un binnen Beitrag erklärt die Bremer Senatskanzlei, dass es einem „Goldstandard“ entspräche, Wissen und Kenntnisse über das Kulturerbe mit Hilfe eines IBZs in dem Objekt selbst zu vermitteln. Die Senatskanzlei führt außerdem, in ihrer Stellungnahme an den Petitionsausschuss (22.12.23), Stralsund, Wismar, Regensburg, Bamberg und Naturerbestätten als Beispiele für die Schaffung eines IBZs an: „[…] an all diesen Orten wurden entsprechende Zentren geschaffen und weitere dazu sind in Vorbereitung“.

Allerdings repräsentiert keines der o.g. Beispiele ein einzelnes Gebäude als Kulturerbe. 1993 wurde die gesamte Altstadt von Bamberg, 2002 die Altstätte Stralsund und Wismar und 2006 die Altstadt von Regensburg mit dem Kulturerbetitel ausgezeichnet.

Die ‚Handreichung zu Informationszentren im Welterbe‘ von der Deutschen UNESCO-Kommission, gibt eine gänzlich andere Verfahrensweise als ‚Goldstandard‘ vor: Auf S. 22 wird dafür geworben, eine Wahl des Standortes für ein IBZ gewissenhaft zu prüfen und bspw. abzuwägen ob der IBZ-Ort zentral, dezentral, in mehrere Einheiten aufgeteilt, gestützt durch mobile Einheiten, eigenständig oder integriert in bereits bestehende Einrichtungen/Gebäude, im Welterbe selbst oder in der Nähe der Welterbestätte, … gelegen sein sollte. Dies alles vor allem und in erster Linie in Abhängigkeit vom Vermittlungskonzept sowie den Aufgaben und Funktionen des IBZ (s. Pkt. zuvor):

  • „… Informationszentren können verschiedene Rollen übernehmen: die eines zentralen Anlauf- und Verteilerpunktes, eines Museums und/oder eines Informationsortes für die lokale Bevölkerung. Jede Stätte muss für sich entscheiden, welchen Schwerpunkt bzw. welche Kombination aus Aufgaben ihr Informationszentrum erfüllen sollte. Ausgehend von dieser grundlegenden Entscheidung ergeben sich jeweils andere Bedürfnisse im Hinblick, auf unter anderem, Ausgestaltung, Vermittlungsformate und benötigtes Personal. Je nach den Funktionen, die das jeweilige Informationszentrum erfüllen soll – nur Angebot von Informationsmaterial, eigene Ausstellung(en), Veranstaltungsmöglichkeiten – variieren auch die Ansprüche hinsichtlich der notwendigen Fläche. Deshalb ist mit Blick auf die Wahl der Standorte auch eine frühzeitige Definition der Funktionen für das jeweilige Zentrum unerlässlich.“ (S. 22)
  • „Bei Umbauten bereits existierender Gebäude oder Neubauten im Welterbegebiet oder in unmittelbarer Nähe sollte bereits im Vorfeld Sorge getragen werden, dass die Maßnahmen die Authentizität der Welterbestätte respektieren und nicht zu einer Beeinträchtigung der (visuellen) Integrität führen. Zudem spielt der Aspekt der Barrierefreiheit eine besondere Rolle.“

Ein möglicher guter Alternativort für die Vermittlung des Bremer Rathauses als UNESCO-Kulturerbe, könnte z. B. das künftige Stadtmusikanten- und Literaturhaus, vis-à- vis zum Rathaus sein. Hier könnte die Vermittlung gleich beider Bremer UNESCO-Auszeichnungen (Rathaus/Roland und ‚Stadt der Literatur‘ gemeinsam an einem Ort erfolgen. Dies macht umso mehr Sinn, berücksichtigt man die Feststellung, dass „60 Prozent der Menschen, die in unsere Stadt kommen, […] bei Bremen zuallererst an die Bremer Stadtmusikanten [denken]“. Diese Aussage von Bürgermeister Bovenschulte ist evidenzbasiert und die Verknüpfung mit dem Thema ‚Stadtmusikanten“ würde gleichzeitig einen niederschwelligen Einstieg bieten, um das „Wissen und Kenntnisse über das Welterbe der Menschheit zu vermitteln“, so wie es die Welterbekonvention vorsieht. Das Gebäude steht Bremen für die nächsten 25 Jahre zur Verfügung und erwartet jährlich 80.000 Besucher ab Fertigstellung. In einer Pressemitteilung vom 31.08.23 zeigte sich Bürgermeister Bovenschulte überzeugt, „dass das Stadtmusikanten- und Literaturhaus ein Ort der Begegnung für die Bremer Kulturszene sowie für alle Bremerinnen und Bremer wird. Und gleichzeitig ein abwechslungsreicher Anziehungspunkt für Besucherinnen und Besucher und damit ein willkommener Impuls zur Belebung der Innenstadt.“ Es böte damit eine ideale Plattform für das IBZ und würde sicherlich viel eher der Zielsetzung Rechnung tragen „den Weltkulturerbegedanken einem zahlenmäßig möglichst großem Publikum zu präsentieren.“ (s. Stellungnahme Senatskanzlei, 22.12.23)

Im Hinblick auf mögliche Alternativorte für die bisherige Nutzergemeinde bleiben die Aussteller:innen und Markttreibenden darauf angewiesen, dass ihnen ein Alternativort angeboten wird, der den obersten Prämissen: Repräsentanzfunktion, zentrale Lage, hohe touristische Aufmerksamkeit und dem Aspekt der Sicherheit in gleicher Weise Rechnung trägt, wie die Untere Rathaushalle. In Anbetracht der unten aufgeführten Argumente erscheint es allerdings überhaupt nicht nachvollziehbar, geschweige denn sinnvoll, die Errichtung des IBZs in der Unteren Rathaushalle voranzutreiben und die Betroffenen für das Jahr 2025 bereits auszuladen, obwohl kein adäquater, von allen Seiten akzeptierter Lösungsansatz bisher vorliegt.

Ein mobiles, immersives Ausstellungskonzept könnte eine Kompromisslösung darstellen. Dieses Vermittlungsformat, basierend auf digitalen und interaktiven Projektionswelten, hätte das Potential nicht nur kosteneffizienter zu sein, sondern auch ein breiteres, insbesondere jüngeres Publikum anzusprechen.

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Ein mobiles, immersives Ausstellungskonzept könnte – im Wechsel mit den bereits etablieren Ausstellungs- und Marktangeboten – in der unteren Rathaushalle möglicherweise einen attraktiven und tragfähigen Kompromiss für die gewünschte Kommunikations- und Vermittlungsarbeit des UNESCO-Welterbes darstellen. Bei Vorliegen eines solchen Konzepts könnte dieses mit seinen Vor- und Nachteilen dem bisherigen Konzept gegenübergestellt werden. Immersive Ausstellungen boomen. Für diese Präsentationsform werden lediglich Projektoren, Soundsystem, ggf. VR-Brillen benötigt. Übliches Ausstellungsmobiliar, Exponate in Glasvitrinen, Diebstahlsicherungen, Beschilderungen, haptisches Lernmaterial… – all dies könnte überflüssig werden, im Zuge eines immersiven Vermittlungsansatzes. Möglicherweise können mobile Projektionsflächen sinnvoll sein, die technischen Möglichkeiten reichen heutzutage aber aus, um jede erdenkliche Fläche mit entsprechend lichtstarker Projektion zu bespielen und räumliche Besonderheiten sogar bewusst in die Präsentation mit einzubeziehen. Entsprechend spezialisierte Agenturen wären sicher in der Lage, zu unterstützen und ein entsprechendes Alternativkonzept für die Verausgabung der bisher veranschlagten Kosten i. H. v. 3,6 Mio € aufzusetzen.

Viele Bremerinnen und Bremer denken beeindruckt an die Präsentation ‚Buntes Gold‘ auf dem Schütting zurück und lassen sich jährlich neu von ‚Lichter der City‘ begeistern, einer Eventreihe, bei der verschiedene Fassaden markanter Häuser in der Innenstadt illuminiert werden. Diese Beispiele, wie auch die immersive Van-Gogh-Ausstellung, die in 2022 an 109 Ausstellungstagen knapp 50.000 Besucher:innen anlockte, lassen die Potentiale einer solchen Präsentations- und Vermittlungstechnik bereits erahnen.

Die Möglichkeit des Eintauchens in digitale, interaktive (Projektions-)welten würde darüber hinaus eine zeitgemäße Vermittlungsform darstellen, die perfekt ‚instagrammable‘ ist und in Zeiten von Digitalisierung und KI ein großes Publikum und insbesondere auch jüngere Zielgruppen anspräche.

Bedenken der Senatskanzlei (s. Stellungnahme 22.12.23), „[…] eingebaute Exponate achtzehnmal im Jahr zu bewegen […]“, sowie „[…] die mit der vielfachen Bewegung verbundene Abnutzung der Exponate […]“, wären weitestgehend obsolet, wenn das Ausstellungsequipment im Wesentlichen aus einigen Projektoren und Lautsprechern bestünde, die – je nach Konzept – dauerhaft (wenn unauffällig) im Raum verbleiben oder zu mobilen Installation auf-/abgebaut werden würden. Evtl. weiterhin anfallende Kosten für Auf-/Abbau könnten in die vorgenannten Gesamtkosten mit eingepreist werden. Entsprechend der Besuchszahlen könnte für die Refinanzierung sowohl mit Einnahmen durch moderate Eintrittsgelder, als auch mit Mieten der anderweitigen Aussteller:innen gerechnet werden.

Bei dieser Lösung würde durch das attraktive, vielgestaltige Angebot der Ausstellungen und Veranstaltungen eine wechselseitige und gleichzeitig weiterhin bestimmungsgemäße Vermittlung der Funktion und des Wertes des Kulturerbes stattfinden. Ganz im Sinne eines Lern- und Vermittlungsorts wäre die Untere Rathaushalle in Ihrer Ursprungsfunktion sichtbar: Entweder live, im gelebten Alltag mit verschiedensten Ausstellungen, Märkten, Aufführungen usw. oder in Form einer Projektionswelt, die die Einzigartigkeit des Bremer Rathauses in all seinen weiteren Facetten vermittelt. Für Bremer Bürgerinnen und Bürger bliebe das Programm der Unteren Rathaushalle spannend und würde damit weiterhin einen Beitrag zur Belebung und Attraktivität der Innenstadt leisten.

Eine temporäre Aussetzung des Vorhabens ist geboten, angesichts absehbarer Probleme, fehlender Lösungen und zunehmender Kritik durch die Bremer Bürgerinnen und Bürger.

Bisher liegt keine Lösung für die betroffenen Interessen- und Ausstellergruppen vor. Eine Prüfung möglicher Alternativorte oder Kompromisslösungen blieb bisher aus. Innerhalb von nur 6 Wochen haben sich bereits 3.000 Bremerinnen und Bremer gegen die Maßnahme ausgesprochen. Die Befassung des Petitionsausschusses zu dem Thema steht noch aus. Dennoch hält die Senatskanzlei an der langfristigen Errichtung eines Informations- und Besuchszentrums in der Unteren Rathaushalle unbeirrt fest. So wurde bspw. bereits die Projektleitung „Untere Halle / Gründung Rathaus GmbH“ bereits Mitte Januar 2024 ausgeschrieben.

In Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit sollte dem starken Votum aus der Mitte der Bremer Bürgerinnen und Bürger mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegengebracht werden. Andernfalls unterwandert Ignoranz wichtige und langjährige Gepflogenheiten demokratischer Kultur: die Berücksichtigung aller, den Austausch fundierter Argumente und das Finden geeigneter Lösungen oder tragfähiger Kompromisse. Solange keine Lösung vorliegt, fordern wir einen vorläufigen Stopp aller weiterführenden Maßnahmen!

Gemäß Welterbekonvention geht mit einer Auszeichnung die Verpflichtung einher, das jeweilige Kulturerbe mit seinen i.d.R. herausragenden, einmaligen Eigenschaften zu schützen und zu erhalten. Diese Eigenschaften bestehen im Fall des Bremer Rathauses und Roland u.a. in der historischen Funktion der Unteren Rathaushalle und der Bedeutung des Ensembles für Marktrechte und bürgerliche Autonomie, die bis in die Gegenwart reicht. Mit Errichtung eines IBZs in diesen Räumen würden wesentliche Eigenschaften verändert bzw. wegfallen, die das Bremer Rathaus als Weltkulturerbe qualifizieren. Die Richtlinien der UNESCO fordern in solchen Fällen eine entsprechende Unterrichtung ein.

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„Das Rathaus und die Rolandstatue in Bremen gelten seit dem 15. Jahrhundert als außergewöhnlicher Ausdruck bürgerlicher Autonomie und als Symbol für Marktrechte.“ So beschreibt die UNESCO-Kommission in aller Kürze auf ihrer Website die herausragende Bedeutung dieses Ensembles und den wesentlichen Grund für die Anerkennung als Kulturerbe bzw. Welterbestätte, seit dem Jahr 2004.

Bremer Bürgerinnen, Bürger, Markttreibende, Kulturschaffende und Unterzeichnende der Petition sind stolz auf dieses Kulturerbe, dessen Botschaft bis in die Gegenwart reicht. Diese Botschaft dient sogar im Zuge unserer Petition und Forderungen als Leitprinzip und Mahnmal, das jahrhundertealte Nutzungskonzept und damit eine wesentliche Funktion des Rathauses aufrecht zu erhalten. Unsere Forderung betrifft insbesondere das tradierte Vorrecht Bremer Bürgerinnen und Bürger, in der Unteren Rathaushalle weiterhin ‚Markt abhalten‘ zu können und diesen Raum für gesellschaftlich relevante Ausstellungen, Veranstaltungen usw. zu nutzen. Im Zuge der finalen Empfehlung der Antragsannahme 2004, beschrieb ICOMOS, die Berater-Organisation der UNESCO, die bisherige Funktion der ‚Unteren Rathaushalle‘ wie folgt: „Das Erdgeschoss ist als ein großer Saal […] mit Eichenpfeilern angelegt, der sowohl von den Kaufleuten als auch für Theatervorstellungen genutzt wurde.“ „Der erste Stock wurde repräsentativen Zwecken vorbehalten, das Erdgeschoss wurde für die Nutzung durch das Marktvolk vorgesehen, wodurch die Bevölkerung in Kontakt mit den Regierenden gebracht wurde. Diese ursprünglichen Funktionen wurden bis heute beibehalten. […]“ Die Bremer Senatskanzlei stellt auf ihrer Infoseite zum Bremer Rathaus sogar heraus, dass die Bewahrung der Authentizität des Gebäudes, sowie „die Funktion der beiden übereinander liegenden Rathaushallen“, wesentliche Gründe darstellen, dass das Rathaus als UNESCO-Welterbe eingestuft wird.

Gemäß der Richtlinien der UNESCO ist eine Unterrichtung der Kommission vorzunehmen, wenn Veränderungen vorgenommen werden sollen, die das Kulturerbe in seinen einmaligen Eigenschaften verändern oder bedrohen. Mit der öffentlichen Unterrichtung der UNESCO-Kommission soll einem evtl. drohenden Reputationsschaden und wirtschaftlichen Schaden bei Gefährdung/Entzug des Titels vorgebeugt werden. Eventuell ist eine Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfung durch ICOMOS notwendig. Die Kommission hat drüber hinaus ein hohes Eigeninteresse, die Meinung relevanter Akteure bereits im Planungsprozess mit einzubeziehen (s. Handreichung zu Informationszentren im Welterbe, S. 27), da ihr in der Vergangenheit wiederholt der Vorwurf gemacht wurde, die lokale Bevölkerung aus Entscheidungsprozessen auszuschließen und lokale Interessen und Praktiken zu ignorieren (s. Kritik, Wikipedia).

Positionen & Argumente

Die Untere Rathaushalle in Bremen ist eine historische und repräsentative Mehrzweckhalle, die seit Jahrhunderten verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen eine Plattform bietet, ihre Themen und Angebote zu präsentieren. Der drohende Verlust dieser Halle würde nicht nur die Vielfalt und Qualität kultureller Veranstaltungen beeinträchtigen, sondern auch die Autonomie von Bremens Bürger:innen sowie die soziale Vielfalt des Bundeslandes unterminieren.

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Die Untere Rathaushalle ist die ‚älteste Mehrzweckhalle Bremens‘ 1. Von der Aufbahrungs- und Kondolenzstätte für Wilhelm Kaisen (1979) bis zur Theater und Choraufführung ‚Blauer Zinnober‘ (2002) – für verschiedenste Akteure stellt die Untere Rathaushalle seit jeher eine wichtige und repräsentativ einmalige Möglichkeit dar, sich zentral in Bremen mit ihren Themen, Waren und (Kultur-)Angeboten zu präsentieren. Hierzu gehört in den letzten Jahrzehnten ein breites Spektrum gesellschaftlicher Gruppen und Einrichtungen: unterschiedlichste Verbände und Vereinigungen aus Wirtschaft, Kunst und Kultur, Politik, Handwerk, Gesundheit und Bildung, sowie soziale Einrichtungen und Initiativen, zivilgesellschaftliche Gruppen, wissenschaftliche Institutionen und Hochschulen, große und kleine Bremer Museen und Archive, und nicht zuletzt auch staatliche und halbstaatliche Behörden, Stellen und Einrichtungen. Die Ausstellungen und Veranstaltungen all dieser Einrichtungen eint stets ein hoher Qualitätsanspruch und die Freude am Austausch mit Bremer Bürgerinnen und Bürgern, Auswärtigen und Touristen.

Hoher Anspruch und hohe gesellschaftliche Relevanz sind ebenso für Ausstellungen der jüngeren Vergangenheit, zu gesellschaftlichen, politischen, historischen oder bremischen Themen zu konstatieren. Beispielhaft seinen genannt: ‚Aufbruch in die Fremde‘ (1992), ‚Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht‘ (1997), ‚Ukrainische Zwangsarbeiter auf der AG Weser‘ (2003), ‚Wege zur Freiheit – über Solidarność in Europa‘ (2005), ‚Firmenhistorie – Die Geschichte der Marke Kaffee HAG‘ (2006), ‚Volksbund Deutsche Kriegsgräber – Zwangsarbeit‘ (2007), ‚ Der Dritte Lehrer – Bauen und Bildung in Bremen‘ (2010), ‚Frauen im Aufbruch 100 Jahre bremische Wirtschafts- und Kulturgeschichte‘ (2011), ‚Bürger.Polizei. Bremens Polizei 1945 bis Heute‘ (2013) ‚150 Jahre Seenotretter Bremen‘ (2015), ‚Archivsplitter. Kommunikation. Von der Depesche bis zum Tweet. Die Bremer Archive und Radio Bremen‘ (2020), ‚50 Jahre Uni Bremen – Warum/. Darum‘ (2021), ‚Jüdisches Leben in Bremen‘ (2022), ‚Der Völkermord an den Sinti und Roma‘ (2022), ‚70 Jahre Kunst am Bau in Deutschland‘ (2022). Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten präsentiert seit 1974 alle vier Jahre seinen BDA Preis Bremen in der Unteren Rathaushalle der bremischen Öffentlichkeit, die Weihnachtsausstellung findet seit über 50 Jahren statt, die Gold-am-Fluss-Ausstellung seit 26 Jahren.

Unterschiedlichste Zielgruppen quittieren Vielfalt, Anspruch und Qualität dieser verschiedenen Veranstaltungen immer wieder mit hohen Besuchszahlen. Dies wird z. B. deutlich, angesichts der Rekord-Besuchszahlen des Weihnachtsmarktes 2023 oder bspw. anhand der jährlich rd. 10.000 Besucher:innen, die an einem Wochenende die Gold-am-Fluss-Ausstellungen aufsuchen.

Die Hansestadt Bremen verfügt über keine zweite Mehrzweckhalle, die auch nur annähernd repräsentativ und geeignet wäre, um die Untere Rathaushalle in ihrer Funktion zu ersetzen und gerade den kleinen und mittleren Einrichtungen eine derartige öffentliche Wahrnehmung zu ermöglichen. Das kulturelle Erleben und die Autonomie aller Beteiligten würden bei Umsetzung der geplanten Maßnahme erheblich beschränkt werden. Ein Verlust der Präsentationsmöglichkeit im Rathaus wäre ein schwerer Schlag für die kulturelle und soziale Vielfalt des Bundeslandes und nicht zuletzt für den gesellschaftlichen Diskurs.

Die bisherigen Kommunikationsmaßnahmen zur Vermittlung des Weltkulturerbes erfüllen bereits alle Verpflichtungen im Zuge der Welterbe-Prämierung. Sie wurden bisher nicht beanstandet und es besteht keine zwingende Notwendigkeit, ein IBZ in der Unteren Rathaushalle einzurichten.

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Die UNESCO gibt den Vermittlungsauftrag vor: „das Wissen und Kenntnisse über das Welterbe der Menschheit und die Notwendigkeit seines Erhalts der Gesellschaft zu vermitteln“. Dem wurde in den vergangenen 20 Jahren auf verschiedenste Art und Weisen nachgekommen. Beispielhaft seien für die Kommunikationsarbeit genannt: diverse mediale Berichterstattungen, öffentliche Rathausführungen, offizielle Website, Interviews, Beschilderungen, interaktiver 360° Rundgang, Buch-Veröffentlichungen, Bremer Welterbetage, sowie die Gründung eines „Vereins zur Förderung des Welterbes Rathaus und Roland in Bremen e.V“.

Die Senatskanzlei berichtet in ihrer Stellungnahme aus einschlägigen Gästebefragungen, „[…] dass 93% der Besucher:innen Sehenswürdigkeiten wie das Bremer Rathaus besuchen […].“ Damit stellt sich die Frage: braucht Bremen unter diesen Umständen überhaupt ein IBZ? Selbst wenn diese Frage bejaht werden kann, stellt sich dennoch die Frage, warum dies zwingend in der Unteren Rathaushalle errichtet werden und damit zu Lasten der betroffenen Interessen-/ Ausstellergruppen sowie Bremer Bürgerinnen und Bürger erfolgen muss.

  • siehe Verlust von kultureller Vielfalt und bürgerlicher Autonomie
  • siehe Wirtschaftliche Einbußen der Markttreibenden
  • siehe Unterminierung wesentlicher Kernmerkmale des UNESCO Kulturerbes

In einem buten un binnen Beitrag erklärt die Bremer Senatskanzlei, dass es einem „Goldstandard“ entspräche, Wissen und Kenntnisse über das Kulturerbe mit Hilfe eines IBZs in dem Objekt selbst zu vermitteln. Die Senatskanzlei führt außerdem, in ihrer Stellungnahme an den Petitionsausschuss (22.12.23), Stralsund, Wismar, Regensburg, Bamberg und Naturerbestätten als Beispiele für die Schaffung eines IBZs an: „[…] an all diesen Orten wurden entsprechende Zentren geschaffen und weitere dazu sind in Vorbereitung“.

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Allerdings repräsentiert keines der o. g. Beispiele ein einzelnes Gebäude als Kulturerbe. 1993 wurde die gesamte Altstadt von Bamberg, 2002 die Altstätte Stralsund und Wismar und 2006 die Altstadt von Regensburg mit dem Kulturerbetitel ausgezeichnet. Welterbestätten in Form einzelner Gebäude wie z. B. wie Speyer Dom, Kloster Lorsch, Michaelisdom, Marktgräfliches Opernhaus, Naumburger Dom, usw., nutzen separate Gebäude um die Öffentlichkeit zu informieren.

Die ‚Handreichung zu Informationszentren im Welterbe‘ von der Deutschen UNESCO-Kommission, gibt auch eine andere Verfahrensweise als ‚Goldstandard‘ vor: Auf S. 22 wird dafür geworben, eine Wahl des Standortes für ein IBZ gewissenhaft zu prüfen und bspw. abzuwägen ob der IBZ-Ort zentral, dezentral, in mehrere Einheiten aufgeteilt, gestützt durch mobile Einheiten, eigenständig oder integriert in bereits bestehende Einrichtungen/Gebäude, im Welterbe selbst oder in der Nähe der Welterbestätte, … gelegen sein sollte. Dies alles vor allem und in erster Linie in Abhängigkeit vom Vermittlungskonzept sowie den Aufgaben und Funktionen des IBZ:

  • „… Informationszentren können verschiedene Rollen übernehmen: die eines zentralen Anlauf- und Verteilerpunktes, eines Museums und/oder eines Informationsortes für die lokale Bevölkerung. Jede Stätte muss für sich entscheiden, welchen Schwerpunkt bzw. welche Kombination aus Aufgaben ihr Informationszentrum erfüllen sollte. Ausgehend von dieser grundlegenden Entscheidung ergeben sich jeweils andere Bedürfnisse im Hinblick, auf unter anderem, Ausgestaltung, Vermittlungsformate und benötigtes Personal. Je nach den Funktionen, die das jeweilige Informationszentrum erfüllen soll – nur Angebot von Informationsmaterial, eigene Ausstellung(en), Veranstaltungsmöglichkeiten – variieren auch die Ansprüche hinsichtlich der notwendigen Fläche. Deshalb ist mit Blick auf die Wahl der Standorte auch eine frühzeitige Definition der Funktionen für das jeweilige Zentrum unerlässlich.“
  • „Bei Umbauten bereits existierender Gebäude oder Neubauten im Welterbegebiet oder in unmittelbarer Nähe sollte bereits im Vorfeld Sorge getragen werden, dass die Maßnahmen die Authentizität der Welterbestätte respektieren und nicht zu einer Beeinträchtigung der (visuellen) Integrität führen. Zudem spielt der Aspekt der Barrierefreiheit eine besondere Rolle.“

Die Senatskanzlei schreibt auf ihrer Website 1 zur Auslastung der Halle: “… die Halle ist fast das ganze Jahr über für Ausstellungen reserviert.“ Im Buch des Welterbeantrags schreibt der ehemalige Landeskonservator Hoffmann „Die Untere Halle diente als Kaufhalle, aber auch für erste Theateraufführungen. Heute finden hier fast durchgängig Ausstellungen statt, für die ein öffentliches Interesse besteht.“

Die Senatskanzlei argumentiert in ihrer aktuellen Stellungnahme an den Petitionsausschuss diametral entgegengesetzt. Nämlich, dass die heutige Nutzung der Unteren Rathaushalle lediglich „sporadisch und unregelmäßig“ erfolge, damit eher „unhistorisch“ sei und verweist bzgl. Auslastungszahlen auf die Schriftsache 21/33S/22.

Diese Zahlen sind nicht repräsentativ, denn sie beziehen sich auf die Pandemiezeit und die unmittelbare Zeit danach, in der viele Veranstaltungen ausgefallen sind. Einzelne Institutionen konnten in dieser Zeit nur sehr eingeschränkt arbeiten und/oder ‚Neues‘ produzieren. Vor der Pandemie mussten die Anfragen für Einzelausstellungen mindestens Monate, wenn nicht besser ein bis zwei Jahre im Voraus gestellt werden, wollte man bestimmte Termine oder Zeitfenster erhalten. Bei Nichtbeachtung von Corona-Einschränkungen und dementsprechenden Verfälschungen der Zahlen, geht aus dem Schriftstück allerdings im Wesentlichen hervor, dass die Auslastung der Halle in 2022 zu 70% und in 2023 nur noch zu 39% erfolgte. In diesem Kontext erscheint Folgendes interessant: Seit Q3/2022 liegt der Senatskanzlei die Bewilligung von 1,4 Mio. € Bundes-Fördergeldern für die Errichtung eines IBZs vor. Gleichzeitig obliegt es der Senatskanzlei seit jeher selbst, die Untere Rathaushalle für Märkte, Ausstellungen und Veranstaltungen anzubieten und freizugeben. Dass das Angebot, der Anmietung von (Repräsentations-)Räumen im Bremer Rathaus überhaupt besteht, kann aber – intensiven Recherchen zum Trotz – aktuell lediglich einer einzigen Seite im Internet entnommen werden. Die Untere Rathaushalle wird dort allerdings nicht einmal mehr explizit genannt. Ein Schelm, wer hier ein bewusstes ‚Ausbremsen‘ der Aktivitäten vermutet!

Ein mobiles, immersives Ausstellungskonzept könnte – im Wechsel mit den bereits etablieren Ausstellungs- und Marktangeboten – in der unteren Rathaushalle möglicherweise einen attraktiven und tragfähigen und kosteneffizienten Kompromiss für die gewünschte Kommunikations- und Vermittlungsarbeit des UNESCO-Welterbes darstellen. Bei Vorliegen eines solchen Konzepts könnte dieses mit seinen Vor- und Nachteilen dem bisherigen Konzept gegenübergestellt werden. Immersive Ausstellungen boomen. Für diese Präsentationsform werden lediglich Projektoren, Soundsystem, ggf. VR-Brillen benötigt. Übliches Ausstellungsmobiliar, Exponate in Glasvitrinen, Diebstahlsicherungen, Beschilderungen, haptisches Lernmaterial… – all dies könnte überflüssig werden, im Zuge eines immersiven Vermittlungsansatzes. Möglicherweise können mobile Projektionsflächen sinnvoll sein, die technischen Möglichkeiten reichen heutzutage aber aus, um jede erdenkliche Fläche mit entsprechend lichtstarker Projektion zu bespielen und räumliche Besonderheiten sogar bewusst in die Präsentation mit einzubeziehen. Entsprechend spezialisierte Agenturen wären sicher in der Lage, zu unterstützen und ein entsprechendes Alternativkonzept für die Verausgabung der bisher veranschlagten Kosten i.H. von 3,6 Mio € aufzusetzen.

Viele Bremerinnen und Bremer denken beeindruckt an die Präsentation ‚Buntes Gold‘ auf dem Schütting zurück und lassen sich jährlich neu von ‚Lichter der City‘ begeistern, einer Eventreihe, bei der verschiedene Fassaden markanter Häuser in der Innenstadt illuminiert werden. Diese Beispiele, wie auch die immersive Van-Gogh-Ausstellung, die in 2022 an 109 Ausstellungstagen knapp 50.000 Besucher:innen anlockte, lassen die Potentiale einer solchen Präsentations- und Vermittlungstechnik bereits erahnen. Die Möglichkeit des Eintauchens in digitale, interaktive (Projektions-)welten würde darüber hinaus eine zeitgemäße Vermittlungsform darstellen, die perfekt ‚instagrammable‘ ist und in Zeiten von Digitalisierung und KI ein großes Publikum und insbesondere auch jüngere Zielgruppen anspräche.

Bedenken der Senatskanzlei (s. Stellungnahme 22.12.23), „[…] eingebaute Exponate achtzehnmal im Jahr zu bewegen […]“, sowie „[…] die mit der vielfachen Bewegung verbundene Abnutzung der Exponate […]“, wären weitestgehend obsolet, wenn das Ausstellungsequipment im Wesentlichen aus einigen Projektoren und Lautsprechern bestünde, die – je nach Konzept – dauerhaft (wenn unauffällig) im Raum verbleiben oder zu mobilen Installation auf-/abgebaut werden würden. Evtl. weiterhin anfallende Kosten für Auf-/Abbau könnten in die vorgenannten Gesamtkosten mit eingepreist werden. Entsprechend der Besuchszahlen könnte für die Refinanzierung sowohl mit Einnahmen durch moderate Eintrittsgelder, als auch mit Mieten der anderweitigen Aussteller:innen gerechnet werden.

Bei dieser Lösung würde durch das attraktive, vielgestaltige Angebot der Ausstellungen und Veranstaltungen eine wechselseitige und gleichzeitig weiterhin bestimmungsgemäße Vermittlung der Funktion und des Wertes des Kulturerbes stattfinden. Ganz im Sinne eines Lern- und Vermittlungsorts wäre die Untere Rathaushalle in Ihrer Ursprungsfunktion sichtbar: Entweder live, im gelebten Alltag mit verschiedensten Ausstellungen, Märkten, Aufführungen usw. oder in Form einer Projektionswelt, die die Einzigartigkeit des Bremer Rathauses in all seinen weiteren Facetten vermittelt. Für Bremer Bürgerinnen und Bürger bliebe das Programm der Unteren Rathaushalle spannend und würde damit weiterhin einen Beitrag zur Belebung und Attraktivität der Innenstadt leisten.

Die verschiedenen Zielgruppen quittierten Vielfalt, Anspruch und Qualität der Veranstaltungen der vergangenen Jahre immer wieder mit hohen Besuchszahlen. Dies wird z. B. deutlich, angesichts der Rekord-Besuchszahlen des Weihnachtsmarktes 2023 oder anhand der rd. 10.000 Besucher:innen, die die jährliche Gold-am-Fluss-Ausstellung an einem einzigen Wochenende aufsuchen. Die vorgenannte immersive Kompromisslösung lässt ebenfalls große Potentiale erahnen, wenn bspw. 50.000 Besucher:innen eine entsprechende Van-Gogh-Ausstellung 2022 in Bremen, an nur 109 Ausstellungstagen besuchten.

Der vorgeschlagene Alternativort – das künftige Stadtmusikanten- und Literaturhaus – könnte sogar die Vermittlung beider Bremer UNESCO-Auszeichnungen (Rathaus/Roland und ‚Stadt der Literatur‘) an einem Ort zusammenführen. Dies wäre sinnvoll unter Berücksichtigung der Tatsache, dass „60 Prozent der Menschen , die in unsere Stadt kommen, […] bei Bremen zuallererst an die Bremer Stadtmusikanten [denken]“. Diese Aussage von Bürgermeister Bovenschulte ist evidenzbasiert und die Verknüpfung mit dem Thema ‚Stadtmusikanten“ würde gleichzeitig einen niederschwelligen Einstieg bieten, um das „Wissen und Kenntnisse über das Welterbe der Menschheit zu vermitteln“, so wie es die Welterbekonvention vorsieht. Das Gebäude steht Bremen für die nächsten 25 Jahre zur Verfügung und erwartet jährlich 80.000 Besucher:innen ab Fertigstellung. In einer Pressemitteilung vom 31.08.23 zeigte sich Bürgermeister Bovenschulte überzeugt, „dass das Stadtmusikanten- und Literaturhaus ein Ort der Begegnung für die Bremer Kulturszene sowie für alle Bremerinnen und Bremer wird. Und gleichzeitig ein abwechslungsreicher Anziehungspunkt für Besucherinnen und Besucher und damit ein willkommener Impuls zur Belebung der Innenstadt.“ Es böte damit eine ideale Plattform für das IBZ und würde sicherlich viel eher der Zielsetzung Rechnung tragen „den Weltkulturerbegedanken einem zahlenmäßig möglichst großen Publikum zu präsentieren.“ (s. Stellungnahme Senatskanzlei, 22.12.23)

Der in Aussicht gestellte Dialog mit der bisherigen Nutzergemeinde blieb leider aus und ist daher leider nicht mehr, als ein Lippenbekenntnis. Die bisher einmalige Zusammenkunft von Betroffenen mit der Senatskanzlei hatte Vortrags- und leider keinen Lösungscharakter. Hinzu kam, dass nur die Aussteller:innen der unmittelbar jüngsten Vergangenheit eingeladen wurden, so dass die große Gruppe der kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen Einrichtungen, die vor der Coronapandemie einen großen Anteil der Veranstalter:innen ausgemacht haben, bis auf eine Ausnahme gar nicht vertreten waren und somit über die Entwicklung gar nicht oder maximal aus der Presse informiert wurden. Die Unterzeichnenden der Petition fordern, dass die betroffenen Interessen- und Ausstellergruppen sowohl bei der Suche nach Alternativorten für das Informations- und Besuchszentrum, als auch bei der Suche nach Alternativorten für die bisherigen Interessen- und Ausstellergruppen, ab sofort angemessen beteiligt werden. Ferner, dass Lösungen vorliegen, bevor weitere Entscheidungen getroffen, gar bauliche Maßnahmen umgesetzt werden und die Untere Rathaushalle für Aussteller:innen und Markttreibende nicht mehr zur Verfügung steht!

Die Umnutzung der Unteren Rathaushalle für ein IBZ, hätte erhebliche wirtschaftliche Einbußen und Sichtbarkeitsverluste für viele regionale Werkstätten, Kunsthandwerker:innen und Kleingewerbetreibende zur Folge.

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Viele regionale Werkstätten, Kleingewerbetreibende und Kunsthandwerker nutzen auch heute noch die Untere Rathaushalle um Markt abzuhalten. Umsatz und Kundengewinnung werden teilweise zu ca. 20-30% von verschiedenen Beteiligungen an Ausstellungen in der Unteren Rathaushalle bestimmt. Das statistische Bundesamt weist in seinem letzten Spartenbericht das durchschnittliche Jahreseinkommen dieser Berufsgruppen aus. Es betrug in Bremen im Durchschnitt 16.825 € netto, Stand 1.1.2020. Eine Einbuße von bspw. 25% würde bedeuten, dass nur noch ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 12.618 € zur Verfügung stünde. Es kann leicht nachvollzogen werden, dass in Anbe-tracht solcher Einbußen schnell erhebliche, finanzielle Probleme für Einzelne entstehen würden. Diese Einordnung zeigt auch auf, dass der finanzielle Spielraum für zusätzliche Akquise- oder Marketingmaßnahmen i.d.R. sehr beschränkt ist. Kunsthandwerker:innen fertigen Unikate und Kleinserien, so dass Produktions- und Umsatzgrößen entsprechend begrenzt sind. Die Ausstellungs-möglichkeit an einem repräsentativen Ort wie dem Bremer Rathaus ist damit existentiell. Die Untere Rathaushalle ist zentral, groß, sicher, repräsentativ, individuell nutzbar und stellt aufgrund seiner Einmaligkeit für Touristen und Einheimische gleichermaßen einen starken Anziehungsmagneten dar. Sollte dieser Ort nicht mehr zur Verfügung stehen, hätte dies für einen großen Teil der Markttreibenden und Aussteller:innen eine deutliche Verschlechterung der Sichtbarkeit in der Region und damit Geschäftseinbußen zur Folge. Verantwortliche politische Entscheider sollten vor Umsetzung der zur Diskussion stehenden Planungen gezielt eruieren lassen, welche weiteren Anspruchsgruppen, in welcher Form, von diesem Problem ebenfalls betroffen wären.

Die mögliche Umwandlung der Unteren Rathaushalle in ein Informations- und Besucherzentrum (IBZ), steht im Widerspruch zur strategischen Ausrichtung der ‚Strategie Centrum Bremen 2030+‘. Diese Strategievorgabe der Bremer Politik zielt darauf ab, lebendige Orte im Zentrum der Stadt zu schaffen, die verschiedene Aspekte wie Begegnung, Identifikation, Geschichte, Bildung, Wirtschaft, Politik und Kultur in sich vereinen. Mit ihrer bisherigen Vielgestaltigkeit repräsentiert die Untere Rathaushalle einen solchen Ort, wie kaum ein anderer. Ein monothematisches IBZ kann dies in keiner Weise leisten.

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Die ‚Strategie Centrum Bremen 2023+‘ gibt die Direktive für die künftige Entwicklung der Bremer Innenstadt vor. Im gemeinsamen Vorwort der Herausgeber:innen heißt es: „Gemeinsam wollen wir die Weichen für ein urbanes Centrum Bremen stellen – dem Mittelpunkt des städtischen Lebens in Bremen mit hoher Bedeutung für die Region. Identifikationsort, Geschichtsort, Wirtschafts- und Handelszentrum, politischer Mittelpunkt, Bildungscampus, kultureller Hotspot, Wohnviertel, Begegnungsort, Marktplatz – das Centrum ist vieles und in Zukunft noch mehr.“ Mit den bisherigen Ausführungen konnte bereits dargestellt werden, dass die Untere Rathaushalle in ihrer Funktion schon immer und bis heute nahezu alle dieser Aspekte in sich vereint! Bei einer Umfunktionierung der ‚öffentlichen Mehrzweckhalle‘ zu einem IBZ würde dieser öffentliche Raum in erster Linie nur noch Tourist:innen vorbehalten sein, nachdem interessierte Bremerinnen und Bremer diese Ausstellung ein bis zwei Mal besucht haben. Dementsprechend sogar nachvollziehbar, dass das IBZ-Vorhaben auf der Seite Bremen-wird-neu und unter den Rubriken Attraktivierung touristischer Angebote Projekte in Planung und Innenstadtkampagne für die Bremer City nicht zu finden ist. Ein wesentlicher, lebendiger, kultureller Hotspot, der Identifikation, Geschichte, Wirtschaft/Handel, Politik, Bildung, Begegnung und Marktaktivitäten seit jeher in sich vereint, würde aufgegeben werden, obwohl gerade die Schaffung solcher Orte und Angebote im Fokus der Bremer Politik steht!

Die Untere Rathaushalle bleibt prädestiniert für Handwerks-, Kunsthandwerksausstellungen. Bremer Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerker leisten Außergewöhnliches und stehen ein, für höchste Qualität. Zigtausende Besucher der Kunsthandwerker-Märkte und Schmuckausstellungen in der Unteren Rathaushalle belegen dies seit vielen Jahren. Diese Wertschätzung unseres Handwerks gilt heute und galt auch schon vor vielen hundert Jahren. Und ebendiesen Respekt und diese Wertschätzung, wünschen wir uns auch von der aktuellen Politik, wenn es um die Streitfrage geht, weiter in der Unteren Rathaushalle Markt abhalten zu dürfen. Denn das Können und das Zusammenwirken der Steinmetze, Schmiede, Glasmacher, Holzschnitzer, Drechsler, Schlosser, Zimmerer und Kaminbauer, hat ein Gesamtkunstwerk geschaffen, ein Bremer Rathaus von „herausragender geschichtlicher und künstlerischer Bedeutung“. Man kann nicht sagen, wie oder was das Bremer Rathaus heute wäre, wenn Handwerk und Kunsthandwerk nicht mit Anspruch und Ausführung, mit Genauigkeit und Seele, im Großen und Ganzen und im Detail Hand angelegt hätte. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit jedenfalls kein UNESCO-Weltkulturerbe!

„Mit der Annahme der Urkunde der UNESCO zum Welterbestatus für das Bremer Rathaus und Roland im Jahr 2004 ging auch die sich aus der entsprechenden Welteerbekonvention der Vereinten Nationen ergebende Verpflichtung einher, das Welterbe nicht nur zu erhalten, sondern auch über das spezielle Welterbe an sich und die Idee hinter dem Welterbegedanken zu informieren. So heißt es in Artikel 27 der Welterbekonvention sehr deutlich: ‚(1) Die Vertragsstaaten bemühen sich unter Einsatz aller geeigneten Mittel, insbesondere durch Erziehungs- und Informationsprogramme, die Würdigung und Achtung des in den Artikeln 1 und 2 bezeichneten Kultur und Naturerbes durch ihre Völker zu stärken. (2) Sie verpflichten sich, die Öffentlichkeit über die diesem Erbe drohenden Gefahren und die Maßnah­men auf Grund dieses Übereinkommens umfassend zu unterrichten.‘ Konkretisiert wird dies in der entsprechenden Handreichung der UNESCO, in der es heißt: ‚Die Vermittlung ist ein zentraler Gedanke der Welterbekonvention von 1972, welche die Vermittlungsarbeit auf eine Bedeutungsstufe mit Identifikation, Schutz und Erhalt der Stätten als Verantwortlichkeiten der Vertragsstaaten stellt.‘ Dieser Verpflichtung ist die Freie Hansestadt Bremen in den Jahren seitdem der Welterbestatus besteht durch temporäre und gelegentliche Ausstellung zur Thematik, durch die Welt­erbetage oder mittels Besucherführungen durch das Rathaus nur eingeschränkt nachgekom­men. Eine dauerhafte Präsentation des Welterbestatus und der den Status tragenden Gedanken in der Stadt konnte nicht hergestellt werden.“

„… in den letzten Jahren [haben] viele Welterbestätten in Deutschland den Weg der Wissens- und Informationsvermittlung über ent­sprechende Besucherzentren eingeschlagen. Ob in Stralsund, Wismar, Regensburg, Bam­berg oder an verschiedenen Orten für die Naturerbestätten, an all diesen Orten wurden ent­sprechende Zentren geschaffen und weitere dazu sind in Vorbereitung. Diese Entwicklung erfolgt sicherlich auch vor dem Hintergrund, dass die Deutsche UNESCO-Kommission auf einem Arbeitstreffen 2017 in Hamburg festgestellt hat, dass: ‚insbesondere Besucher- und Informationszentren [die Möglichkeit bieten], die lokale Bevölkerung ebenso wie nationale und internationale Besucher über den außergewöhnlichen universellen Wert einer Stätte, die Welterbe-Idee und die Anforderungen hinsichtlich Schutz und Erhalt zu informieren und zu sensibilisieren.‘ (vgl. Homepage der dt. UNESCO-Kommission www.unesco.de) Den Ausgangspunkt jedweder Informations- und Wissensvermittlung bilden dabei die Welterbestätten, in unserem Fall unser Bremer Rathaus und der davor auf dem Marktplatz stehende Roland. Während großflächige Welterbestätten, die als ausgewiesener Stadtteil (z. B. Lübecker Altstadt, Speicherstadt und Kontorhausviertel Hamburg, Altstädte von Stralsund und Wismar) den Titel errungen haben, vielfältige Möglichkeiten zur Errichtung eines solchen Zentrums innerhalb des anerkannten Gebiets haben, ist dies bei einem einzigen Baukörper schwieriger. Dennoch besteht auch im UNESCO Weltkulturerbe Bremer Rathaus und Roland durch die Nutzung der Unteren Rathaushalle die Möglichkeit, ein solches Zentrum zu etablieren und damit die bestmögliche Vermittlungsweise im Sinne des Auftrags der UNESCO zu ermöglichen. Viele Welterbestätten in Deutschland und der Welt können auf Grund notwendiger Einschränkungen zum Erhalt der Stätten nur eingeschränkt oder gar nicht besichtigt und erlebt werden. Mit unserem Welterbe verbindet sich der große Vorteil, dass eine Beschränkung zum Substanzerhalt nicht notwendig ist. Es ist begeh- und erlebbar, al­lerdings derzeit eingeschränkt durch die jeweiligen Führungszeiten der Rathausführungen und dadurch, dass die Untere Rathaushalle im Durchschnitt der letzten fünf Jahre an fast acht Monaten im Jahr ihre Türen geschlossen hatte und nicht mit Veranstaltungen und Ausstellungen belebt wurde (vgl. schriftliche Beantwortung des Senats zu 21/33S/22).

„Mit unserem Welterbe verbindet sich der große Vorteil, dass eine Beschränkung zum Substanzerhalt nicht notwendig ist. Es ist begeh- und erlebbar, allerdings derzeit eingeschränkt durch die jeweiligen Führungszeiten der Rathausführungen und dadurch, dass die Untere Rathaushalle im Durchschnitt der letzten fünf Jahre an fast acht Monaten im Jahr ihre Türen geschlossen hatte und nicht mit Veranstaltungen und Ausstellungen belebt wurde (vgl. schriftliche Beantwortung des Senats zu 21/33S/22). Die Errichtung eines Informations- und Besucherzentrums in der Unteren Rathaushalle verschafft uns daher die Möglichkeit, das Welterbe an 52 Wochen im Jahr dauerhaft für die Öffentlichkeit zu öffnen und über den Weltkulturerbegedanken am zentralen Ort des Geschehens zu informieren. Insofern besteht an der Richtigkeit des Ortes kein Zweifel, wie im übrigen auch der intensive Austausch meines Hauses mit dem Landesdenkmalpfleger und dem Leiter des Staatsarchivs zu dieser Frage zeigt: Denn bei intensiver historischer Betrachtung über die Jahrhunderte und mit Blick auf die heutigen Nutzungszeiten und deren Inhalte muss man feststellen, dass die heutige sporadische und unregelmäßige Nutzung eher unhistorisch ist. Zwar bieten auch heute noch in begrenztem zeitlichen Umfang von wenigen Wochen im Jahr Menschen und Institutionen ihre Waren in der Unteren Ratshaushalle an, von einem historisch lebendigen Marktgeschehen, wie wir es heute z. B. von den täglichen bremischen Wochenmärkten kennen, ist dies jedoch weit entfernt. Erst die Errichtung des Informations- und Besucherzentrums wird die dauerhafte Lebendigkeit zurück in das Weltkulturerbe bringen, die durch die Verzahnung von Ratskeller und Rathaus und die Öffnung der Schmuckportale aus der Unteren Rathaushalle hinaus in die bisherigen Verwaltungsräume des Bremer Ratskeller zusätzlich forciert wird.“

„Zum Abschluss möchte ich noch auf die Idee der Petentin eingehen, die Ausstellung … flexi­bel und nicht statisch zu konzipieren.“ Diese Idee ist auch für uns nicht neu und schon früher Bestandteil der Überlegungen gewesen. Nach intensiver Abwägung sind wir jedoch davon überzeugt, dass diese Gestaltung den eigentlichen Zielen, die Informations- und Wissensver­mittlung einem breiten Personenkreis zugänglich zu machen, entgegensprechen würde. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre fanden jeweils ca. neun Veranstaltungen im Jahr in der Unteren Rathaushalle statt. Sofern keine wie auch immer geartete qualitative Auswahl bzw. Abwertung einzelner Veranstaltungen stattfinden soll, wäre es notwendig, die zwecks Infor­mations- und Wissensvermittlung eingebauten Exponate achtzehnmal im Jahr zu bewegen und an weiteren ein bis zwei Tagen das Zentrum zwecks Auf- und Abbau zu schließen. Nicht nur der damit verbundene Kostenaufwand, sondern auch die mit der vielfachen Bewegung verbundene Abnutzung der Exponate lassen dieses Unterfangen nicht im guten Lichte der eigentlichen Zielsetzung erscheinen. Vielmehr besteht die Sorge, schon nach kurzer Zeit­dauer ein immer unansehnlicher werdendes Zentrum mit weiterem Kostenaufwand wieder intakt setzen zu müssen. Stattdessen wäre es sinnvoller die Kosten für die dauerhafte Teiler­ Neuerung einzelner Themenfelder aufzuwenden. Neben diesem Argument würde zudem eine flexible, verrückbare Ausstellungskonzeption auch der Zielsetzung entgegenlaufen, den Weltkulturerbegedanken einem zahlenmäßig mög­lichst großen Publikum zu präsentieren.“

„… eine flexible, verrückbare Ausstellungskonzeption [würde] auch der Zielsetzung entgegenlaufen, den Weltkulturerbegedanken einem zahlenmäßig mög­lichst großen Publikum zu präsentieren. Gerade die von der Petentin angesprochenen „Schmuck-, Weihnachts- oder Kunstausstellungen“ finden hauptsächlich in den vier bis sechs Wochen vor Heiligabend statt, mithin eine der meist frequentierten Zeiträume für Besucher:in­nen der Innenstadt aus Bremen, der Region, dem übrigen Deutschland und dem Ausland. Gerade bei den auswärtigen Besucher:innen ist das Weltkulturerbe in seiner Anziehungskraft und als Besuchsmagnet stetig in der Bedeutung gestiegen. Dies nicht zuletzt durch die stei­genden Marketingaktivitäten der Wirtschaftsförderung Bremen, die das UNESCO-Welterbe, in allen Aktivitäten des Tourismusmarketings platzieren. Zudem ist das UNESCO-Weltkultur­erbe Bremer Rathaus und Roland seit dem Frühjahr 2023 Bestandteil der internationalen Marketingaktion der Deutschen Zentrale für Tourismus „51 UNESCO Heritage Sides“ mit Aus­spielungen in 18 Top-Märkten des europäischen und internationalen Raums. Kombiniert mit dem Wissen aus einschlägigen Gästebefragungen, dass 93% der Besucher:innen Sehens­würdigkeiten wie das Bremer Rathaus besuchen, würde gerade in dieser Zeit ein an den Rand gedrängtes oder gar abgebautes Informationszentrum zu enormen Verlusten in der Wissens­vermittlung führen und zusätzlich eigens dafür angereiste Besucher:innen ohne entsprechen­den Einblick in das Weltkulturerbezentrum enttäuscht wieder abreisen lassen.“

„Bei aller Freude über die Möglichkeit das Besucher- und Informationszentrum auch mit der Unterstützung der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien umsetzen zu können, ist uns aber auch der Verbleib der bisherigen Nutzer:innen ein großes Anliegen. Deren Veranstal­tungen und Ausstellungen bereicherten in der Vergangenheit die Innenstadt und sollen es auch bis zum Ende des Jahres 2024 auch weiterhin in der Unteren Rathaushalle tun. Erst mit Beginn des Jahres 2025 beabsichtigen wir mit den entsprechenden Umbauarbeiten zu begin­nen. Daher war es mir auch wichtig, dass im direkten Austausch mit den bisherigen Nutzer:in­ nen im September 2023 der aktuelle Sachstand erörtert und gleichzeitig die Vereinbarung getroffen wurde, sich im Frühjahr 2024 auch unter Einbeziehung der Wirtschaftsförderung Bremen GmbH, der Projektbüro Innenstadt GmbH sowie der Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation wieder zu treffen, um die Überlegungen zu den möglichen Ausweichflä­chen zu konkretisieren. Die bisherigen Nutzer:innen haben auf Grund des unterschiedlichen Charakters ihrer Veranstaltungen unterschiedliche Anforderungen an zukünftige Orte. Hier versuchen wir gerne entsprechende Lösungswege für den Verbleib dieser Veranstaltungen an anderen Stellen zu finden.“

Fußnote: Vorgestellte Punkte sind der Stellungnahme der Senatskanzlei vom 22.12.2023 entnommen.

Petition

Rund 3.000 Unterschriften in nur 6 Wochen sind ein klares Votum:
Die untere Rathaushalle gehört den Bremer Bürgerinnen und Bürgern!

Die Zeichnungsfrist für unsere Petition S21-34 ‚Nutzung der Unteren Rathaushalle‘ endete bereits am 28.12.2023. Die Unterschriften werden in der Bremer Bürgerschaft archiviert, sie liegen uns nicht mehr vor.

Du möchtest uns weiterhin unterstützen, auf dem Laufenden gehalten werden und aktiv an Folgeaktionen wie Informationsveranstaltungen, Diskussionen, Petitionen, Volksbegehren, Protesten teilnehmen? Dann trage Dich bitte in unserem Verteiler ein!

Wortlaut der Petition S21-34 ‚Nutzung der Unteren Rathaushalle‘:

Die Bremer Senatskanzlei beabsichtigt, ein jahrhundertealtes Recht der Bremer Bürgerinnen und Bürger abzuschaffen! Die Untere Rathaushalle soll ab 2025 ausschließlich für ein fest installiertes Kulturerbe-Informationszentrum genutzt werden.
Der Titel „Weltkulturerbe“ wurde nicht nur für die herausragende Architektur des Bremer Rathauses vergeben. Auch das jahrhundertealte Nutzungskonzept des Bremer Rathauses spielte für die Vergabe des Titels eine wichtige Rolle: die obere Halle dient seit jeher der Repräsentation, der Ratskeller wurde schon immer für Bevorratung und Verpflegung genutzt.
Die Untere Rathaushalle ist seit über 200 Jahren der zentrale Ort für verschiedenste Aktivitäten von Bremer Bürgerinnen und Bürgern. Sie dürfen hier Veranstaltungen und Märkte abhalten. Ob Schmuck-, Weihnachts- oder Kunstausstellungen, ob Forum für Gemeinnütziges, u.v.m. – mit ihren vielen tausenden Besucher:innen schaffen diese Anlässe einen lebendigen und zentralen Gemeinschaftsraum für alle Bremer Bürger:innen und ebenso für sehr viele Auswärtige.
Mit der Umnutzung der Unteren Rathaushalle als ausschließliches Informations- und Besuchszentrum wird den Bremer Bürger:innen eine wertvolle Begegnungsstätte und ein attraktiver Marktplatz genommen. Wir fordern deshalb die Senatskanzlei auf, das geplante Informationszentrum an einen anderen Ort zu verlegen oder es flexibel und nicht statisch zu konzipieren. So wären verschiedene Raumnutzungen weiterhin möglich, und alle Bremer Bürger:innen sowie Initiativen könnten weiterhin die Untere Rathaushalle als Ausstellungs- und Marktfläche nutzen.

Beispielhafte Ausstellungen & Veranstaltungen der vergangenen Jahre

Ausstellungen & Veranstaltungen anzeigen…
  • ‚Grenzprojekt’ des Blaumeier Ateliers (2024)
  • ‚Günter Grass – Mein Fußballjahrhundert’ (2023)
  • ‚Ausgetragen. Die Pfadfinderpost im Warschauer Aufstand 1944‘ (2023)
  • ‚Der Völkermord an den Sinti und Roma’ (2022)
  • ‚70 Jahre Kunst am Bau in Deutschland’ (2022)
  • ‚Jüdisches Leben in Bremen’ (2022)
  • ‚50 Jahre Uni Bremen – Warum/. Darum’ (2021)
  • ‚Gold am Fluss ’ (2021)
  • ‚Archivsplitter. Kommunikation. Von der Depesche bis zum Tweet. Die Bremer Archive und Radio Bremen’ (2020)
  • ‚Kontakt mit einem Asteroiden - HAYABUSA2 und MASCOT’ (2018)
  • ‚Erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus’ (2016)
  • ‚Bremer Selbsthilfetage’ (2015)
  • ‚150 Jahre Seenotretter Bremen’ (2015)
  • ‚Hunger-Demokratie-Rock`n`Roll (Schulmuseum)’ (2014)
  • ‚Bürger.Polizei. Bremens Polizei 1945 bis Heute’ (2013)
  • ‚Für Bürger und Senat – Ausstellung zum Jubiläum des Neuen Rathauses in der Unteren Rathaushalle’ (2013)
  • ‚Frauen im Aufbruch - 100 Jahre bremische Wirtschafts- und Kulturgeschichte’ (2011)
  • ‚Der Dritte Lehrer – Bauen und Bildung in Bremen’ (2010)
  • ‚Volksbund Deutsche Kriegsgräber – Zwangsarbeit’ (2007)
  • ‚28. Verkaufsausstellung des Bremer Martinshofes’ (2007)
  • ‚Firmenhistorie – Die Geschichte der Bremer Marke Kaffee HAG’ (2006)
  • ‘Wege zur Freiheit – über Solidarność in Europa’ (2005)
  • ‚Forschung für die Bürger’ (2005)
  • ‚Ukrainische Zwangsarbeiter auf der AG Weser’ (2003)
  • ‚Das schwimmende Klassenzimmer - eine Polarstern-Expedition für die Schule’ (1998)
  • ‚Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht’ (1997)
  • ‚Aufbruch in die Fremde’ (1992)
  • ‚Bürger helfen Bürgern’ (1976)

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Fußnoten

[1] Die seit Jahren gängige Beschreibung der Unteren Rathaushalle als ‘Bremens älteste Mehrzweckhalle’ wurde auf den Informationsseiten der Senatskanzlei im März 2024 gelöscht. Daher wird auf die ursprüngliche Seite im Webarchiv verwiesen. Die neue überarbeitete Fassung finden Sie hier.” [1]

untere-rathaushalle.de

3.000 Unterschriften in nur 6 Wochen sind ein klares Votum:
Die untere Rathaushalle gehört den Bremer Bürgerinnen und Bürgern!